Eröffnungsrede von Roland Seim

für die Austellung von Petra Remen und Uwe Siemens

am 6.4.2008 in der Torhaus-Galerie Münster

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Begrüßung

Die Ausstellungen des Stadtheimatbundes im klassizistischen Torhaus von 1778 knüpfen an eine bewährte Tradition an, denn bereits von 1981-1997 diente dieses historische Ambiente dem Fachbereich Design der Fachhochschule Münster als Galerie.

Hier finden wir einen ersten Anknüpfungspunkt zur heutigen Ausstellung, denn dort studierte auch die Dipl.-Designerin Petra Remen. Seitdem sind sie und ihr Partner Uwe Siemens viel gereist, bevor sie nun in Münster-Nienberge ihre neue Wirkungsstätte gefunden haben.

Ich begrüße den Münsteraner Kunsthistoriker und Kultursoziologen Dr. Roland Seim, der mit ein paar einführenden Worten die Ausstellung ihrer aktuellen Arbeiten eröffnen wird.


Eröffnungsrede zur Ausstellung von Petra Remen und Uwe Siemens in der Torhaus-Galerie am 6.4.2008

Landschaft, Äcker, Erdtöne
Luft, Himmel, Wolken
Licht, Körper, Raum

Vielleicht wäre die bloße Nennung solcher zentralen Begriffe zur Charakterisierung des Wesentlichen am besten als einführende Worte zu dieser Ausstellung geeignet, liegt doch eines ihrer Merkmale ebenfalls in der Reduktion auf das Wesentliche.

Die Arbeiten von Petra Remen und Uwe Siemens spiegeln ihr Interesse an einer eigenen Sichtweise des Körpers, der Dinge und der Landschaft wider. Sie schöpfen aus dem unendlichen Fundus der Natur. Eindrücke werden draußen z.B. in Billerbeck oder in der Eifel gesammelt und gerinnen dann – bei schnell zu verarbeitenden Materialien wie Aquarell, Gouache oder Acryl auch schon mal gleich vor Ort – zu einer Mischung aus realistischer Wiedergabe und spontaner Abstraktion. Aufwändigere Ölbilder entstehen im Nienberger Atelier.

Äcker und Wiesen werden dabei zu graphischen Kompositionselementen. Wie ein Wanderer die Natur, durchstreift der Betrachter die Bilder: überrascht, Bekanntes mit neuen Augen zu sehen. Wie das Licht der Tageszeiten die Farben einer Landschaft verändert, ist das Thema von Uwe Siemens' sechsteiliger Reihe „Blick vom Vorbergs Hügel“. Schnell mit breiten Pinselstrichen gemalt, fangen die Erd- und Naturtöne in skizzenhafter Frische die Stimmungen ein. Die dynamischen Spannungslinien und dramatischen Fluchtpunkte in weiteren Bildern zeigen, dass Landschaft hier weniger als Idylle aufgefasst wird, sondern als Kulturlandschaft, unter deren Oberfläche sich die ungebändigte Natur wieder empor kämpfen könnte.

Überhaupt ist das „non finito“ eines der Stärken des Künstlerpaares. In den verschiedenen hier gezeigten Werkzyklen kann der Betrachter eigene Empfindungen in die offen gelassenen Motive hinein interpretieren und die Bilder gewissermaßen im Kopf selber vollenden. Sei es der „Hund vor hellem Hintergrund“, der mit nur wenigen Umrissen angedeutet und doch überzeugend charakterisiert wird, seien es Uwe Siemens' atmosphärisch-schwebenden Landschaften oder die Akte von Petra Remen. Die farblich reduzierten Aquarelle, die scheinbar mal eben aufs Blatt geworfen sind, wirken zugleich aber diffus und präzise, fragil und sinnlich. Entstanden nach Skizzen in einer verlassenen Villa in Havixbeck zeigen ihre großformatigen Leinwandarbeiten das Interesse an der sphärischen Auflösung von Körper und Raum im lichtdurchfluteten Ambiente. Farbe (hier Acryl) ist nicht nur materieller Funktionsträger zur Gegenstandsdarstellung, sondern verwandelt sich in Licht und vitale Bewegung, die den Raum durchdringt. Wie man auch in einer gothischen Kathedrale erleben kann, wird Licht hier zum Raumbildner.

Aber Pathos wäre hier unangemessen, denn bei den hier gezeigten Werken gilt: „weniger ist mehr“. Angesichts des überzeugend Skizzenhaften möchte ich Max Liebermann zitieren, der in einer Eröffnungsrede meinte: „Man hat oft gesagt, dass die Zeichnung uns in die Werkstatt des Künstlers führe, aber sie führt uns weiter bis ins Innerste seiner Persönlichkeit.“ So weit würde ich zwar nicht gehen, hier von „Seelenlandschaften“ zu sprechen, aber sowohl die Auswahl der Themen als auch deren Bearbeitung offenbart uns viel von den Künstlern, die ja entscheiden müssen, was sie wie malen. Und, übrigens eine der kniffligsten Fragen: wann es fertig ist. Am überzeugendsten sind die Werke von Remen und Siemens für mich immer dann, wenn sie nicht völlig durchgearbeitet wurden.

Wir finden keine platten Abbilder, denn hinter der scheinbar harmlosen Oberfläche verbergen sich weitere Bedeutungsebenen. Sie sehen, die Dinge sind nicht so augenscheinlich, wie man meint. Lassen sie sich entführen von diesem hintergründigen Spiel, der Faszination von Natur, Raum und Licht, die durch diese Bilder voller Spannung pulsiert.

Schließen möchte ich mit Marcel Proust, der sagte: „Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht in der Suche nach neuen Landschaften, sondern in einem neuen Blick.“

 

Links zum Grafikatelier der beiden Künstler:
www.admanum.de
Zu Uwe Siemens:
www.uwesiemens.de
Zu beider "Atelier 99":
www.atelier99-muenster.de

 

Uwe SiemensPetra RemenPetra RemenPetra Remen

 

 

 

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